Dienstag, 14. September 2004
Theorie und Praxis

oder: Voll das Leben spüren - II

Sehr schön hat Phileas gerade berichtet, dass man auch die schlechten Zeiten seines Lebens als Teil seiner selbst annehmen und akzeptieren soll. Das ist eine feine Vorstellung die auch absolut einleuchtet. Ja, voll logisch ist.

Was aber wenn ...
Wenn man so böse von den schlechten Erfahrungen eingeholt wird, dass sie einem absolut den Spaß in der Gegenwart verderben.
Wenn man mal wieder so knallhart vor Augen gehalten bekommt, wie sehr man verletzt wurde. Vor "Jahrhunderten" ...
Wenn dieser Schmerz so plötzlich wieder aufreißt, dass man wie gelähmt ist.
Wenn man dadurch sich absolut außerstande sieht, die Gegenwart mit ihren aktuellen Erlebnissen zu genießen?
Wenn man seit langem mal wieder Menschen begegnet, die einen an einem Bereich der Persönlichkeit ansprechen, der lange, sehr lange verborgen war. Den man gut versteckt, verdrängt hat. Zum eigenen Schutze.
Wenn man die Begegnung aber nun in vollen Zügen genoss solange sie dauerte. Und auch die plötzliche, positive Verwirrung gerne annahm, die sich kurz danach einstellte, aber nun, mit ein paar Tagen Abstand, die alten, dunklen Flecken auf der Seele wieder hervortreten und sich als äußerst unangenehme Schatten auf diese frischen Erlebnisse legen. So dass man sie fast bereut. Aber auf jeden Fall am liebsten sofort in eine Dose sperren und nie wieder öffnen würde?
Wenn das "irre, geil, genial, verrückt, cool, aufregend, verwirrend, interessant - klasse" einen so verdammt bitteren Beigeschmack aus alten Zeiten bekommt. Weil man einfach nicht vergessen kann und so plötzlich wieder erinnert, was man einmal - nein x-mal - gelernt hat???

Man könnte froh sein, ein Weblog zu haben. In dem man diese Fragen aufschreiben und die Gedanken dazu dadurch weiter, ja vielleicht zu Ende denken kann. Man könnte dabei auf die Idee kommen, dass dieses erneute aufreißen der alten Wunden die Chance bietet, vielleicht die wiederholten schlechten Erfahrungen endlich durch positive zu neutralisieren?
Aber die Angst ist groß.
Zu groß?
Wie passt das in die Suche nach meinem Selbst?
Bin ich jetzt wieder ich selbst? Feige. Ängstlich. Verklemmt. Vernünftig.
Oder war ich kürzlich ich selbst? Locker. Offen. Entspannt. Leicht verrückt (und auch fast mutig dazu).

Jedenfalls bin ich weiterhin gespannt, wo mich dieser Weg hinführt. Welche Entwicklung das noch weiterhin nimmt.