Samstag, 11. September 2004
Diskriminierung in Deutschland

oder: Wie man sich das Wochenende verdirbt


Man nehme: Ein Wochenende ganz für sich alleine.
Beginne dieses mit einem sehr netten Freitagabend auf Fototour und Biergarten.
Schlafe dann am Samstag viel zu lage und quäle sich ob dessen erst nach 10 aus dem Bett. Frühstücke auf dem Balkon bei strömendem Regen und rappele sich hernach sehr mühselig auf, das erwähnte Sportfachgeschäft zu suchen.

Man fahre die zwei in Frage kommenden Kleinstadtstraßen rauf und runter, rauf und runter, rauf und runter, aber kann das Geschäft definitiv nicht finden. Nun, man war ja auch erst ein Mal drin und das ist schon zwei Jahre her. Okay, es gibt es wohl offensichtlich nicht mehr.

Hernach fahre man in die nächstgelegene "Große Kreisstadt", ins Gewerbegebiet, wo es einen weiteren großen Sportfachmarkt gibt. Mit dem bezeichnenden Namen "Großer Punkt". Zielstrebig erreiche man die erste Abteilung for women only und stelle fest: Bei Größe 44 ist Schluss. Ungläubig gehe man weiter. Erreiche eine weitere Abteilung, diesmal für "Outdoor"-Bekleidung. Dort befrage man das bestens geschulte Personal und bekomme erstens zur Antwort (ja, es ist Anfang September!)
"Lange Fahrradkleidung für den Herbst kommt erst noch."
(Ja, es ist Anfang September!) und zweitens, auf die Frage, ob denn dann für mich überhaupt etwas dabei sein würde, da vorne die Sachen bei Größe 44 aufhören:
"Ja, ich weiß ja nicht, was haben sie denn für eine Größe?"
Idiot! Dass ich schon länger keine 44 mehr trage, sollte ihm wohl auffallen. ...
"Nein, also bei 44 ist bei uns wirklich Schluss."
"Wie jetzt? Dürfen Leute, die mehr als Größe 44 tragen, keinen Sport machen?"
"Größer wird von unserem Einkauf nicht bestellt. Die Nachfrage ist wohl zu gering. Damit lässt sich kein Geschäft machen."

Super.
Nein, es war nicht einfach für mich, in dieses Geschäft rein zugehen.
Nein, es war ausschließlich unter Abschaltung aller Ängste, bei meiner Figur im Sportfachgeschäft schief angeschaut zu werden, möglich.
Und ein weiteres Mal wir das nächste Mal umso schwieriger. Denn die vorher abgeschalteten Sorgen hatten sich natürlich mehr als bestätigt. Allerdings gar nicht mal, dass ich schief angeschaut wurde, sondern dass es gar nicht erst etwas für mich gibt. Unfassbar!

Wird es im nächsten Geschäft wirder so sein?
Wann wird das nächste Mal sein?
Werd ich jetzt vielleicht kurz was essen und mich dann ins Getümmel eines Einkaufszentrums in der Landeshauptstadt wagen? Weil ich ja eh schon so gut drauf bin.
Lieber heute den Schmerz vertiefen als ein ander Mal einen neuen einfangen oder die frisch verheilten Wunden nochmal aufzureißen?

Heute tuts eh schon weh. Ich werd wohl nochmal losfahren.